Adventskalender am 20. Dezember
„Jauchzet, frohlocket, auf preiset die Tage,
rühmt, was heute der Höchste getan!
Lasset das Zagen, verbannet die Klage,
stimmet voll Jauchzen und Fröhlichkeit an …“
So beginnt die Kantate aus Bachs Weihnachtsoratorium. Es ist ein Jubelton, der über alle Dunkelheit hinaus ragt. (*1685-+1750) Der Ururgroßvater Bach‘s kam als evangelischer Glaubensflüchtling aus Ungarn oder Mähren und war Bäcker wie auch sein Sohn. Zwei Generationen später, ist Johann Sebastian Bach der Jüngste der acht Kinder in der Familie. Seine Mutter starb bereits 1694; nur wenige Monate später auch sein Vater. Es ist eine dunkle Zeit, die Bach‘s Leben in frühester Jugend geprägt hat. Es war eine Zeit wirtschaftlicher Not, vieler lokaler Kriege und einer hohen Sterblichkeitsrate unter Kinder. Innerhalb von wenigen Jahren starben sieben Kinder von Johann Sebastian Bach. Augenscheinlich war die biblische Aussage: „Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker“.
Bach hätte allen Grund gehabt, die Dunkelheit und die Not zu beklagen. Doch sein Blick wird von der biblischen Verheißung bestimmt, dass der lebendige Gott diese Welt nicht zugrunde gehen, nicht verderben lässt. Der Beginn des Weihnachtsoratoriums ist ein Fanfarenstoß zum Wachwerden: „Erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht“. Dabei geht Bach ins Detail, denn es ist kein billiges Vertrösten wie ‚Anderen geht’s auch schlecht‘ oder ähnlichen billigen Trost, der in Wahrheit nicht zu trösten vermag, sondern eher das Elend vergrößert.
In diesen Monaten haben wir eine Zeit, wie ich sie noch nie erlebt habe. Ein kleiner Virus bedroht uns; er lähmt uns förmlich. Das Land kommt nun schon zum zweiten Mal in einen Stillstand. Jahrzehnte lang waren wir auf der Überholspur. Und nun der Stop. Die Begleiterscheinungen betreffen alle, Groß und Klein. Covid 19 ist heimtückisch und hinterlässt bei Betroffenen nicht selten bleibende Spuren, aber auch Tod und Not. Wir tun gut daran, die wenigen Einschränkungen einzuhalten, da sie geeignet sind, den Virus einzugrenzen.
„Jauchzet, frohlocket, auf peiset die Tage, rühmt, was heute der Höchste getan!“ Es geht um eine Änderung der Blickrichtung; es geht um das Heute in dem der Herr handelt. Das gilt umfassend. Denn da ist nicht nur der Virus, der bedrängen kann. Es gibt auch innere Not, die die Seele weinen lässt, eine Not, die das Herz in Aufruhr versetzt. Es ist eine bekannte Wahrheit, dass äußere Not auch Gefährdungen von Beziehungen mit sich bringen kann.
Wie auch immer, die Veränderungen müssen von Außen kommen. Dies und nichts weniger beschreibt Johann Sebastian Bach mit den ersten beiden Sätzen des Oratoriums. Sie leiten den Advent Gottes ein. Doch, wir haben Grund zum Jauchzen, Frohlocken und Preisen unsere Tage im Rühmen, was heute der Höchste uns tut. Der Blick weitet sich, weg vom Zagen, vom Jammern und Klagen. Die Stimme wird nun gebraucht zum Jauchzen, zum Lobpreis, auch wenn die Not noch nicht überwunden ist. Denn der Glaube nimmt das Zukünftige als bereits eingetreten vorweg.
Der Lobpreis, mit dem Bach das Weihnachtsoratorium einleitet, hat aus diesem Grund bis zum heutigen Tag eine ungeheure Strahlkraft, vor allem, wenn sie jubelnd, wie ein weckrufender Fanfarenstoß in immer neuen Varianten vom Chor gesungen wird. Im fast endlosen Wiederholen verdichtet sich die Botschaft. Wir brauchen gerade auch heute diese Wiederholung als Vergewisserung, damit wir nicht untergehen. Dieser Lobpreis enthebt uns den Widersprüchen des Alltags und nimmt uns mitten hinein in das Wunder der Christgeburt und sein Handeln zu allen Zeiten in unserer Welt, in unserem Alltag.
Fritz Schroth
Entnommen aus dem Adventskalenderbuch 2020
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