Advents- und Weihnachtskalender am 27. Dezember
Und siehe, ein Mensch war in Jerusalem mit Namen Simeon; und dieser Mensch war gerecht und gottesfürchtig und wartete auf den Trost Israels, und der Heilige Geist war auf ihm. Und ihm war vom Heiligen Geist geweissagt worden, er sollte den Tod nicht sehen, er habe denn zuvor den Christus des Herrn gesehen. Und er kam vom Geist geführt in den Tempel. Und als die Eltern das Kind Jesus in den Tempel brachten, um mit ihm zu tun, wie es Brauch ist nach dem Gesetz, da nahm er ihn auf seine Arme und lobte Gott und sprach: Herr, nun lässt du deinen Diener in Frieden fahren, wie du gesagt hast; denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen, das Heil, das du bereitet hast vor allen Völkern, ein Licht zur Erleuchtung der Heiden und zum Preis deines Volkes Israel. Lukas 2, 25-32
Weihnachten kennt kein Ablaufdatum: Begegnungen mit dem Höchsten sind seit Jesu Geburt möglich. Im Predigttext für heute kommen zwei alte Menschen, Simeon und Hanna persönlich in Kontakt mit dem Neugeborenen. Darin gewinnt ihr Leben Sinn und erfüllt sich.
Diesen vom heiligen Geist Ergriffenen offenbart Gott Seine Herrlichkeit, als sie Jesus sehen. Simon – gottesfürchtig, ein Treuer, ein Wartender: Wo bleibst Du, Trost des Volkes Israel und der ganzen Welt? Er war also noch auf dem Weg, Gottes Geheimnisse zu entdecken. Weil der unsichtbare Gott sich jetzt in dem Kind sichtbar, fassbar macht, darf der Alte ihn in Händen halten. Das durchdringt seine ganze Person, lässt ihn hinausjubeln.
Wovon er hier Zeuge wird, macht ihn auch zum Propheten: „Herr, meine Augen haben Dein Heil gesehen!“ Um Ideen, irgendein bewegt Sein geht es an Weihnachten nicht, das alsbald wieder in sich zusammenfällt, sondern um diesen „Seh-Akt“: Gott im Kind – er hat für mich alles getan. Bei sich selber aber bleiben Propheten nie stehen. Wahre Worte und feste Gewissheit erzeugen eine große Dynamik: Dieser Sohn ist gesandt „für alle Völker als ein Licht, das den Heiden leuchten und deinem Volk Israel Herrlichkeit bringen soll“. Das erzeugt tiefsten Frieden, da kommt das Ziel ins Auge, macht bereit für den letzten Schritt in Gottes Welt. Und all das geschieht im Plan Gottes, dessen Geist Simeon persönlich angeregt, in den Tempel geführt, diese einzigartige Begegnung bereitet hatte.
Zu viel sehen wir auf die Schrecknisse unserer Tage, spüren den Bann weltweiter Schuld und Not – die wir nicht ignorieren dürfen. Solches kann sehr mutlos machen, ja Weihnachten verbauen, einfach verstreichen lassen wie eine abgetakelte Show von gestern. Gleich nach dem Weihnachtsfest wollen wieder Furcht und Angst einströmen, gerade wenn wir Zeitungen aufschlagen, uns Bildern menschlicher Friedlosigkeit aussetzen. Den Frieden von Weihnachten dürfen und können wir erfahren, wenn wir in unserem Herzen das Kind ergreifen – und es festhalten: Niemand kann uns das Kind und den Frieden nehmen! Wenn wir dies im Glauben ergreifen, öffnet sich unser Herz, weitet sich der Sinn: Wir werden zu Segensmenschen – so wie Simeon Jesus und seine Eltern segnete. Den Weihnachts-Frieden segnend weitergeben: Das Ur-Wunder von Jesu Geburt bewirkt das in und durch uns.
Pfr. Dr. Traugott Farnbacher

Entnommen aus dem Adventskalenderbuch 2020
© 2020 CVJM – Christliche Tagungsstätte HOHE RHÖN e.V.